„The world will just carry on“

Der nachfolgende Artikel des selben Autors erschien vor wenigen Monaten im Mitgliedermagazin der Jungen Union Niedersachsen, dem „Streitross“. 

von Matthias Möller

Die Grünen verloren jüngst einen Wahlkampf, in dem sie massive Steuererhöhungen forderten. Die Deutschen reagieren eben doch besonders anfällig reagieren, wenn man an ihr Geld will. Ein Wahlkampf mit Steuererhöhungsplänen zu führen, wird meist vermieden. Doch auch die Union wird sich steuerrechtliche Gedanken machen müssen. Diskussionen – unter anderem auch auf dem JU-Niedersachsentag – löste in den vergangenen Monaten die Debatte um eine Erneuerung/ Abschaffung des Ehegattensplittings hin zum Familiensplitting aus.

Das Ehegattensplitting sei längst nicht mehr zeitgemäss und überholt, argumentieren die Gegner des Splittings, welches die Steuern auf das „gemeinsame“ Einkommen der Ehepartner berechnet. Des Weiteren würde das Ehegattensplitting ja nur die Ehe an sich, aber nicht die Familie und damit die Kinder fördern. Familie würde heutzutage sowieso anders definiert werden und sei moderner aufzufassen als das typische Familienbild in Ehe mit Kindern. Heutzutage gebe es vielfältige Lebensformen, die anzuerkennen seien. Ein Familiensplitting oder eine Individualbesteuerung würde den heutigen Lebensrealitäten mehr entsprechen.

Alle anderen möglichen Steuermodelle sind indes allerdings anhand von verfassungsrechtlichen und gesellschaftlichen Realitäten zu betrachten. Art. 6 GG besagt: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Die ehelichen Steuervorteile durch eine Individualbesteuerung abzuschaffen, wäre also kaum mit der Verfassung vereinbar. Ohnehin sähe ich auch kaum Argumente, die dafür sprechen würden. Immerhin geht man mit der Eheschliessung einen Bund fürs Leben ein, verpflichtet sich auch rechtlich füreinander Sorge zu tragen. Dieses sollte – so denke ich – honoriert werden. Häufig wird argumentiert, dass das Ehegattensplitting Frauen an den Herd fessele, da sich das Ehegattensplitting besonders für Paare mit einen hohen Einkommensdifferenz lohne. Dieses Argument ist doch zumindest schwach, da eben gerade diese Familien schon hohe Einkommen haben und der Frau es vor allem wichtig sein wird, sich durch ihren Beruf selbst zu verwirklichen. Dies wird sie wohl kaum für einen geringen Steuervorteil aufgeben.

Das Ehegattensplitting auf ein Familiensplitting auszuweiten wäre indes wohl verfassungskonform. In Zeiten  demographischen Wandels werden besonders Familien gefördert, die viele Kinder haben. Nimmt man sich das französische Modell zum Vorbild – so wie es auch auf dem Niedersachsentag in Anträgen angedacht war – würden die Steuern nicht nur auf das gemeinsame Einkommen der Ehegatten, sondern auf das gemeinsame Einkommen der Familie samt Kindern berechnet (ob die Kinder dabei im Einzelnen ein geringeres Gewicht bekommen sei hier einmal aussen vor gelassen).

Nun mögen manche argumentieren, dass Kinder durch Kinderfreibeträge und Kindergeld doch schon genug finanziell berücksichtigt werden. Man kann des Weiteren anführen, dass  das Kindergeld für alle in gleicher Höhe ausgezahlt werden würde. Bei der Miteinbeziehung der Kinder in steuerliche Rechnungen, würde es ja letztlich vom Gehalt abhängen, inwiefern die Kinder gefördert und unterstützt werden.  Grundsätzlich einleuchtend, wenn doch nicht konsequent zu Ende gedacht – das Kindergeld wird durch ein Familiensplitting ja nicht angetastet, natürlich muss es bestehen bleiben. Dem Familiensplitting liegt dabei allerdings ein ganz anderer Gerechtigkeitsgedanken zu Grunde, auf Grund dessen es sich lohnt, über eine Einführung dieses Steuermodells nachzudenken – auch wenn dieses dem Staat unbestritten Einnahmen kosten mag.

Der Gerechtigkeitsgedanke, den ich hier anspreche, ist die Leistungsgerechtigkeit. Ein Prinzip und Gedanken, der im Steuersystem meiner Meinung nach leider immer weniger Berücksichtigung findet, obwohl dieses doch ihr zentrales Prinzip sein sollte.  So kommt das Familiensplitting doch gerade Familien zu Gute, in denen es viele Kinder gibt und die Elternteile auch noch viel arbeiten. Sie erfüllen also gleich zwei wichtige Aufgaben für die Gesellschaft: Sie erziehen ihre eigenen Kinder und gehen einer Arbeit nach – zahlen dafür Steuern und beziehen keine Sozialleistungen. Welchen Grund gibt es, diese Teile der Bevölkerung durch hohe Steuern zu bestrafen. Keinen. Das Familiensplitting honoriert also vor allem die Leistungsbereitschaft von Familien und ermuntert diese, weiterhin so leistungsbereit zu sein. Die Union sollte also angehalten sein, weiterhin über die Einführung eines Familiensplittings nachzudenken, Pläne für Erhöhungen des Kindergelds sind anstelle dessen vielleicht zurückzustellen.

Die zweite auch auf dem Niedersachsentag in diesem Zusammenhang diskutierte Frage ist die Frage der steuerlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften. Schade, dass es die Union versäumt hat, sich bereits vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig für die Gleichstellung auszusprechen. Zum einen hätte es der Union bewusst sein müssen, dass diese Entscheidung konsequent und logisch ist.

Zum anderen hätte man durch schnelleres Handeln eine Diskussion im Keim erstickt, die mit einer völlig überhöhten Brisanz ausgetragen wird. Die Gleichstellung wird nur einen ganz geringen Teil der Bevölkerung betreffen, bis auf die geringe Zahl eingetragener Lebenspartnerschaften wird keiner etwas von den Auswirkungen eines solchen Gesetztes mitbekommen, lediglich geringe finanzielle Belastungen werden zu Buche schlagen. Ich könnte es an dieser Stelle nicht besser als mit den Worten des neuseeländischen Parlamentsmitglied Maurice Williamson, der der eher konservativen National Party angehört, formulieren: „All we are doing with this bill is allowing two people who love each other to have that love recognised by way of marriage. That is all we are doing. We are not declaring nuclear war on a foreign state.We are not bringing in a virus that could wipe out our agriculture. […] The sun will still rise tomorrow. Your teenage daughter will still argue back at you as if she knows everything. Your mortgage will not grow. You will not have skin diseases or rashes or toads in your bed. The world will just carry on.“