Vechta diskutiert Werkverträge

werkvertrag1von Matthias Möller

Interessante und informative Einblicke in die Fleischindustrie im Landkreis Vechta konnte am vergangenen Donnerstagabend der Stadtverband der Jungen Union Vechta bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Missbrauch von Werkverträgen“ im Restaurant Ludger Freese in Visbek gewinnen. Gemeinsam mit Fleischermeister Ludger Freese, Journalist Matthias Niehues und Prälat Peter Kossen aus Vechta informierten sich die Teilnehmer über die teils skandalösen und mafiösen Strukturen der Fleisch-Branche auch im Landkreis Vechta.

Bereits der Diskussion voraus gegangen war eine Führung durch die Küchenräume des Restaurant und Party-Services Ludger Freeses. Neben einer kleinen leckere Verköstigung (nochmal danke dafür an dieser Stelle!) zerlegte dieser dort unter anderen einen Schweinekopf, um der JU damit zu zeigen, welche Aufgaben die Menschen in den Schlachtbetrieben leisten müssen. Bei einem Schweinekopf bleibt´s in diesen Betrieben aber nicht. Etwa 35 Werkvertragsarbeiter würden pro Schicht ungefähr 35.000 kg Schweineköpfe umsetzen. In der anschliessenden Diskussion war es zunächst Prälat Kossen, welcher der JU seine Sicht der Dinge mitteilte. So kritisierte er die skandalösen Methoden mit denen osteuropäische Arbeiter in die Region geholt werden, die menschenunwürdigen Lebensbedingungen unter denen diese hier zu leben haben, zeigte mafiöse Strukturen auch in der Rockerszene auf und bezeichnete die Ausbeutung der Arbeiter als Menschenhandel. Niehues berichtete derweil von seinen journalistischen Recherchen zu diesem Thema. Unter anderem wies er auch auf die skandalösen Unterbringungen hin und erzählte, wie schwer es überhaupt ist, zu diesen Zugang zu bekommen. Auch ein persönlicher Kontakt zu den Arbeitern sei schwer herzustellen, da diese unter enormen Druck stehen würden, Journalisten nichts zu erzählen. Des Weiteren berichtete er über Nachforschungen, die auf eine enge Kooperation und Verflechtung zwischen den Subunternehmen und den Unternehmen hindeuteten, was auf eine grosse Systematik und kriminelle Energie einiger Teilnehmer der Branche schliessen lässt. Ludger Freese hatte vor allem die Wertigkeit der Lebensmittel und die Wertschätzung, die der Verbraucher auch diesen entgegenbringt, im Blick. Er kritisierte, dass Fleisch ins SB-Theken so günstig angeboten würde, sodass das Fleischereihandwerk vor dem Aus stehe. Dabei appellierte er aber auch an die Verbraucher, sich nicht so einfach täuschen zu lassen. Hackfleisch aus der SB-Theke, welches künstlich eine Woche und mehr haltbar gemacht werde, erleidet Qualitätsverlust und sei im Übrigen – wenn man sich mal den Kilo-Preis und nicht nur die dick gedruckten Preise für bestimmte Gramm-Zahlen anschaue – gar nicht mal so billig.

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Die Junge Union im Stadtverband Vechta betrachtet den Missbrauch von Werkverträgen in der Fleischindustrie ebenfalls mit grosser Sorge. Wenngleich nicht die gesamte Fleischindustrie in der Region über einen Kamm geschoren werden darf, gilt es wohl dennoch festzustellen, dass die schwarzen Schafe wohl momentan mehr als nur bedauerliche Einzelfälle sind. Den Forderungen nach einem „equal pay“, die auch Prälat Kossen am Donnerstagabend formulierte, kann sich die Junge Union anschliessen. Des Weiteren gilt es, Missbrauch von Werkverträgen konsequent strafrechtlich zu verfolgen. Allerdings sollte sich auch der Verbraucher nicht ganz aus seiner Verantwortung ziehen und beim nächsten Fleisch-Einkauf und Fleisch-Verzehr einmal bewusst darauf achten, was er da eigentlich einkauft und isst und welchen Wert dieses haben sollte. Eine weiterhin offene Diskussion über dieses Thema ist notwendig. Durch diese menschenunwürdigen Umstände, in denen Menschen aus Osteuropa bei uns im Kreis arbeiten müssen, wird eine ganze Region in den Misskredit gezogen. Dies kann nicht im Interesse einer Region sein, deren starke Wirtschaftskraft auf einer gewissen Bodenständigkeit, christlichen Wertevorstellungen und respektvollen Umgang im menschlichen Miteinander resultiert.